Archiv für August 2020

Und es sprach Elia aus Tischbe in Gilead zu König Ahab:

Dienstag, 11. August 2020

So wahr der Herr, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn. Da kam das Wort des Herrn zu ihm: Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich am Bach Krit, der zum Jordan fließt. Und du sollst aus dem Bach trinken, und ich habe den Raben geboten, dass sie dich dort versorgen sollen. Er aber ging hin und tat nach dem Wort des Herrn und setzte sich nieder am Bach Krit, der zum Jordan fließt. Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er trank aus dem Bach.

Liebe Gemeinde, manchmal ist das Leben eine Zumutung. Selbst für einen Gottesmann. Da sitzt der Prophet Elia mutterseelenallein am Bach Krit im Heidenland und wird von Raben ernährt. Morgens und abends bringen ihm Raben Brot und Fleisch. Eigentlich kann er nicht klagen. Er ist versorgt. Anders die Menschen in Israel. Dort ist eine Trockenheit ausgebrochen, die Menschen leiden darunter. Die Ernte vertrocknet. Und trotzdem: Da sitzt er einsam in der Fremde. Manchmal ist das Leben eine Zumutung. So wird es in 1. Könige 17 erzählt.

Die Situation Elias ist nicht unsere. Und doch gibt es darin Elemente, die uns vertraut sind. Wir haben ja unsere eigenen Zumutungen des Lebens. Das Leben ist unberechenbar, voller existenzieller Herausforderungen und nicht so paradiesisch, wie wir uns das wünschen.
Corona ist auch so eine Zumutung. Da geht es um existentielle Fragen – unsere Gesundheit, unser Leben, unsere Existenz. Und ähnlich wie Elia haben wir eine Zeitlang eingeschränkt, manche sogar isoliert leben müssen. Wir haben verzichten müssen und manches aufgeben. Wir wissen auch, dass die Folgen dieser Pandemie noch lange nachwirken. Selbst, wenn wir sie weiterhin im Griff haben werden.

Nun halte ich das Virus nicht für eine Strafe Gottes. Gott hat das Leben so eingerichtet. Aber das Virus zwingt mich darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist. Lebensnotwendig sozusagen.
„Von Zeit zu Zeit braucht jeder Mensch ein wenig Wüste.“
Dieses Wort wird Sven Hedin zugeschrieben, und es bringt eine elementare Erfahrung zum Vorschein. Jeder Mensch braucht von Zeit zu Zeit Grenz- und Ge-gensatzerfahrungen. Kontraste, um sich bewusst zu machen, was sein Leben ausmacht. Diese Erfahrungen geben uns die Möglichkeit, unser Leben aus einer anderen Perspektive in den Blick zu nehmen und das wertzuschätzen, was wir haben oder wie wir leben. Nach einer Durststrecke schmeckt der Schluck Wasser eben anders. Deshalb sind Durststrecken nicht nur unvermeidlich, sie können auch heilsam sein. Es gibt heilsamen Durst, heilsamen Hunger, heilsame Not, ja sogar heilsame Krankheiten.
Natürlich sind diese Erfahrungen nicht an sich heilsam, aber sie können uns bewusst machen, wie wir leben, wovon und wofür wir leben. Manchmal entdecken wir dann auch Teile unseres Lebens, die es Wert sind, überdacht zu werden. Sie können unser Leben vertiefen und neu beleben. So wird aus der Zumutung eine Ermutigung zum Leben.
Für mich persönlich habe ich in dieser Zeit noch einmal neu erfahren, wie wichtig reale, leibliche Nähe und Beziehungen sind. Ich habe neu schätzen gelernt, dass ich einer Arbeit nachgehen darf, die mich erfüllt und in der ich Menschen begegne. Das ist nicht selbstverständlich. Es gab viele Menschen, die nicht in dieser Situation waren. Es gibt viele, die krank wurden oder sogar in Folge dieser Krankheit gestorben sind. Und hier ist mir noch einmal bewusster geworden: Die Frage nach dem, was mir wichtig ist, lässt sich nicht von der Frage trennen, wie es den anderen geht. Denn der andere ist mir lebensnotwendig und wichtig. Er rückt das eigene Leben in das rechte Maß. Das mag auf den ersten Blick banal und selbstverständlich klingen. Aber dahinter steht schon die Frage, ob ich auf einzelne Bestandteile meines Lebens verzichten kann, weil mir das Wohl des anderen wichtig ist. Übrigens stellt sich in der Diskussion hinsichtlich des Klimawandels eine ähnliche Frage: Was macht die Qualität meines Lebens aus? Kann ich dafür Veränderungen akzeptieren, die mir auch etwas zumuten? Auch hier liefert die Geschichte von Elia und den Raben wichtige Denkanstöße.

Ich wünsche ihnen jedenfalls die Erfahrung, dass Wüstenzeiten auch den Blick öffnen für das, was in ihrem Leben wirklich wichtig und heilsam ist. In allem aber gilt eines: Gott lässt uns in den Zumutungen des Lebens nicht allein. So wie er Elia durch die Raben und den Bach geholfen hat, so steht er uns zur Seite. Es gibt in jeder Zumutung auch Ermutigung und Stärkung. Davon bin ich überzeugt und das habe ich auch jetzt in dieser Zeit wieder neu erfahren dürfen. Der Glaube daran hilft mir durch die Wüstenzeiten meines Lebens.
Ihr Jörg Beckers