Ich bin immer wieder fasziniert, mit welcher Freude sich junge Menschen entscheiden, in unserer Gemeinde ehrenamtlich mitzuarbeiten. Wenn ich nach ihrer Motivation frage, höre ich Gründe wie: Ich will mitgestalten, etwas Neues machen und erleben und das vor allem mit anderen.
Da ist noch nichts von Entmutigung und Enttäuschung zu spüren, weder die Rede von Verpflichtungen und Notwendigkeiten noch von „Scheren im Kopf“.
Wir, die wir uns schon lange engagieren, sei es ehrenamtlich oder hauptamtlich, kennen beide Seiten: Wir erfahren in unserer Arbeit viel Freude bei der Entwicklung von Visionen und Ideen, erleben zuweilen aber auch Enttäuschungen und Resignation.
In solchen Situationen ist mir Nehemia aus dem Alten Testament zum Vorbild geworden.
Nehemia ist höchstwahrscheinlich im babylonischen Exil geboren und aufgewachsen. Er war ergriffen von der Vision, Jerusalem als Stadt Gottes wieder sichtbar zu machen. Dafür wollte er seine Gaben und Fähigkeiten einsetzen und machte sich auf den Weg dorthin. Als er in der zerstörten Stadt ankam, begann er mit dem Wiederaufbau der Stadtmauer. Ein fast unmögliches Unterfangen, denn er stieß sowohl auf Gegenwehr als auch auf Resignation. Trotz aller Widrigkeiten und Rückschläge gelang ihm der Wiederaufbau der Stadtmauer und letztendlich, dass Jerusalem wieder neu aufgebaut wurde.
Was ist das Geheimnis von Nehemia?
Nehemia bewegt vor Gott immer wieder, was ihn beschäftigt.
Er lässt sich anrühren von der Situation und den Menschen und achtet dabei auf seine Gefühle.
Er lässt sich Zeit.
Da gibt es keinen unüberlegten Aktivismus.
Ein zentraler Faktor ist für Nehemia das Gebet.
So kann in ihm ein inneres Bild des Vorgehens entstehen.
So erkennt er den richtigen Zeitpunkt für die Gespräche und kann seinem Gegenüber mit einer inneren Freiheit begegnen. Diese Bodenhaftigkeit und auch Spontaneität gewinnt er, weil er auf Gott vertraut.
Nehemia begegnet dabei jedem Menschen mit Achtung und Wertschätzung. Er hört sozusagen aktiv zu, ist bereit, beim Zuhören zu lernen und achtet auf sowohl auf die Inhalte als auch auf die Gefühle und Absichten der anderen. Er vermeidet Aufsehen und Gefühlsausbrüche.
Er weiß um die Komplexität der Zusammenhänge und stößt niemanden vor den Kopf. Er bezieht in seine Überlegungen die verschiedenen Möglichkeiten mit ein.
Nachdem er sich einen umfassenden Überblick verschafft hat, beginnt er mit den Beteiligten, konkrete Schritte zu planen. Dabei motiviert Nehemia die Verantwortlichen und die Betroffenen.
Das ganze Vorhaben und die entwickelten Pläne bringt er immer wieder vor Gott. Das ist die Quelle für seinen Mut und seine Kraft. Ich denke, wir alle können von Nehemia zwei Dinge lernen:
- Er geht die Herausforderungen, die an ihn gestellt werden, aktiv an.
- Er bringt seine Pläne immer wieder vor Gott, fragt ihn nach dem richtigen Weg. Er legt seine Entscheidungen in Gottes Hand.
Ich persönlich finde das ganz schön clever. In Aktion bleiben und zugleich darauf vertrauen, dass Gott die richtigen Zeichen setzt. Beides zusammen macht wirklich stark.
Lassen wir uns wie Nehemia tragen von dem Vertrauen, „dass der Gott des Himmels es uns gelingen lassen wird“ (Neh. 2,20).
Ihre Barbara Johann