in wenigen Wochen feiern wir Weihnachten und wir spüren dann, wie wichtig diese Bilder von dem Kind in der Krippe, der Heiligen Familie und dem Kommen der Hirten und Weisen sind. Es sind Bilder, die unsere Seele mit Liebe und Geborgenheit schmücken. Und selbst, wenn wir nicht glauben können, dass Gott selbst in diesem Kind zur Welt kam, können wir uns doch der Faszination und der Macht dieser Bilder entziehen. In ihnen leuchtet die Sehnsucht nach einer Welt, in der wir einen Ort der Geborgenheit und des Friedens haben.
Aber vielleicht spielt uns gerade die Sehnsucht nach dieser Welt einen Streich und wir übersehen, dass an diesem Abend die Welt nicht so friedlich und voller Heil war, wie wir uns das gerne erträumten.
Das Ehepaar findet keine Unterkunft im überfüllten Bethlehem, das Kind kommt in einem Stall zur Welt und bald ist die Familie schon wieder auf der Flucht vor einem Herrscher, der dieses Kind fürchtet. Nein, es ist keine heile Welt, in die das Kind hineingeboren wird. Es ist die Welt, wie wir sie kennen. Eine Welt, in der Macht und Stärke zählt und in der Krieg und Gewalt, Hunger und Not zu Hause sind. Eine Welt, in der Menschen auf der Flucht sind und nicht wissen, wo sie unterkommen.
Die Welt ist nicht so viel anders geworden in den letzten 2000 Jahren. Dieser Tatsache mussten wir uns in den letzten Monaten noch einmal neu stellen. Nachdem wir 20 Jahre lang kaum mit Flüchtlingen in unserem Land konfrontiert wurden, ist jetzt ein System zusammengebrochen, das uns begünstigt hat, weil unsere Landesgrenzen eben nicht so einfach von Afrika oder dem Nahen Osten erreichbar sind. Wir müssen uns neu mit der Tatsache auseinandersetzen, dass Menschen fliehen müssen, weil ein Leben in ihrer Heimat nicht mehr möglich ist.
Wie gehen wir damit um?
Natürlich können wir nicht alle Flüchtlinge aufnehmen und eine sinnvolle dauerhafte Lösung kann es nur innerhalb der Europäischen Union geben. Aber auf der Folie der Weihnachtsgeschichte sind uns diese Menschen anvertraut. Es gibt für mich keine Alternative zu einer Willkommenskultur, die die Flüchtlinge als Menschen wahrnimmt und aufnimmt, die in Not sind.
Die Geburt im Stall ist auch ein Bekenntnis Gottes zu Menschen, die auf der Flucht sind, die hilfsbedürftig und notleidend sind. Darum bin ich stolz gewesen, dass so viele Deutsche die Flüchtlinge offen und herzlich begrüßt haben und ich bin froh, so viele Menschen zu erleben, die sich helfend engagieren. Ich finde, es steht unserem Land mit seinen christlichen Wurzeln gut an, so positiv mit dieser schweren Herausforderung umzugehen. Wir haben zu einer Haltung gefunden, die diese Situation nicht gleichgültig, nicht ängstlich, sondern mitfühlend und anpackend meistern will. Das entspricht allerdings unserem Glauben, der dem Geist der Weihnacht. Gott wird Mensch, weil er an dieser Welt leidet und sie verändern will – solidarisch, indem er Mensch wird und unser Leben teilt.
Beängstigend finde ich dagegen Menschen, die eine Atmosphäre des Hasses und Furcht erzeugen. So wie es z.B. auf den Pegida-Demonstrationen geschehen ist. Sie legen die Axt an die Wurzeln unseres demokratischen Rechtsstaats. Beschämend, dass dort so viele Menschen mit rechtsradikalen und ausländerfeindlichen Parolen sympathisieren. Erschreckend die Gewalt, die gegen Ausländer und Flüchtlinge verübt wird. Erschreckend auch die Gewalt und Bedrohungen gegen Menschen, die sich für Ausländer einsetzen. Man muss die Flüchtlinge nicht bejubeln. Man darf über Lösungen streiten. Aber Gewalt und Hetze sind durch nichts zu rechtfertigen und gehören vor Gericht. Und die Menschen, die zu uns gelangen, haben ein Recht auf menschenwürdige Behandlung und einen sicheren Aufenthalt. Wir leben in einem Land, das dazu genügend Mittel besitzt. Menschlichkeit hat einen Preis – damals und heute. Die Frage ist nur, ob wir Menschen schützen wollen und dazu etwas von unserem Wohlstand abgeben.
In wenigen Wochen feiern wir Weihnachten. Vielleicht kein Fest der Idylle, aber eins der Liebe, die Gott in diese Welt trägt. Wir haben die Möglichkeit daran teilzuhaben.
Ich wünsche ihnen eine gesegnete Adventszeit und frohe Festtage,
Ihr Jörg Beckers
P.S. Oberbürgermeister Henz und Bürgermeisterin Jost suchen noch händeringend nach Wohnungen. Eben auch um die Flüchtlinge gut zu integrieren.