was macht Kirche aus? Was ist ihr Charakter? Das biblische Bild, das mir dazu eingefallen ist, lautet: „Ihr seid der Leib Christi.“ Nachzulesen in 1. Korinther 12. Es meint: Bei allem persönlichen Einzigartigsein gehören wir zu einem Ganzen, bilden einen Organismus, und dieser Organismus ist Gott oder Christus. Dieses Wissen, zu einem Ganzen zu gehören, ist ein besonderes Geschenk, das uns in der Taufe zugesprochen worden ist. Es gilt nicht nur: Du bist einzigartig, sondern auch: Du bist in dieser Gemeinschaft angenommen und gewollt. Wir sind nicht allein auf unserem Weg, nicht allein mit unseren Fragen, Sorgen und all den Versuchen, unser Leben zu meistern, sondern aufgehoben in Gottes irdischem Versuch, Gestalt zu gewinnen. Als Glied von Kirche wirst du als Teil eines Körpers angesprochen. Deswegen heißt Gemeinde Jesu sein auch: gemeinsam dem Glauben eine Gestalt geben. Unser christlicher Glaube wendet sich gegen den Trend einer Vereinzelung, gegen den Trend, dass sich jeder der Nächste ist und vor allem um sich kümmert, gegen den Trend, dass alles Dienstleistung wird und jeder Mensch ein Projekt, das es zu optimieren gilt. Auch die Wohlhabenden und die Gebildeten spüren inzwischen, wie schwer es sein kann, in dieser Welt mitzuhalten. Burnout und Depressionen sind keine zufälligen Symptome. Kirche bietet dagegen das Fundament des Lebens an.
Wertschätzung, Würde, Achtung sind nicht Verdienst, nicht erkaufbar, sondern unwiderrufliches Geschenk Gottes. Kirche bereitet den Nährboden für eine Gesellschaft, in der alle ihren Platz finden.
In unserer Gemeinde und ihrem Umfeld wird das an vielen Stellen deutlich:
Etwa in unserer Kita – die auch in wesentlichem Maße von ihren Kirchensteuern finanziert wird: Kinder werden als eigenständige Persönlichkeiten angesehen und angenommen. Wir versuchen, sie in ihren Möglichkeiten zu bestärken, ohne sie als gesellschaftliche Zukunftsmasse zu sehen, als Ressource, die es bestmöglich auszuschöpfen gilt. So kann man auch ihre Grenzen annehmen, ohne Wertschätzung missen zu lassen.
Etwa in der Hospizarbeit, wo sich ehrenamtliche um schwerkranke und sterbende Menschen kümmern und sie spüren lassen: Du bist nicht allein. Sie bringen ans Krankenbett das Wichtigste, was sie haben: sich selbst – getragen von einem Glauben, der die Würde nicht an Leistung, Verdienst oder finanzielle Möglichkeiten knüpft. Die Kirchengemeinde unterstützt deshalb die Arbeit des Christlichen Hospizkreises Saarlouis.
Sie werden in diesem Gemeindebrief noch mehr Aufgaben und Projekte finden, die für diese Gemeinde sprechen. Sie bringen die Vielfältig- keit dieser Gemeinde zum Ausdruck. Viele Menschen sind in dieser Gemeinde aktiv, damit der Glaube eine Gestalt gewinnt und Gott darin sichtbar wird. Das Wichtigste dabei sind die Menschen, die in dieser Kirchengemeinde eine Heimat sehen und sich darin engagieren. Eine Gemeinde ist nur lebendig, wenn Menschen darin mitwirken und mitgestalten. Wir haben immer noch sehr viel Möglichkeiten dazu.
Deshalb mein Wunsch: Fühlen Sie sich eingeladen und willkommen – egal bei welcher Gelegenheit. Und wenn Sie Freude daran haben, gestalten Sie mit und bringen Sie sich ein. Die Presbyteriumswahl 2016 könnte ein guter Anlass sein. Überlegen Sie doch mal, ob Sie jemanden kennen, den Sie für das Presbyteramt geeignet halten. Wenn Sie gar nicht genau wissen, was dazu nötig ist, sprechen Sie uns an. Vielleicht können Sie sich das aber auch selbst vorstellen im Presbyterium mitzuarbeiten. Dort bieten sich viele Möglichkeiten, Gemeinde mitzugestalten.
Eins ist jedenfalls sicher – wir sind auch als Menschen nicht allein bei diesem Versuch, sondern dürfen wissen, dass Gott in uns und durch uns die Welt lebenswerter machen will.
Denn in Gott ist eine Sehnsucht, seine Liebe in dieser Welt zu entfalten.
Ihr Jörg Beckers