manchmal geschieht es, dass in der modernen Wissenschaft Erkenntnisse zum Vorschein kommen, die eigentlich schon sehr alt sind. Aber da sie im Laufe der Zeit verloren gegangen sind oder nicht im Blickpunkt waren, ist man immer wieder überrascht. So ist es mir mit dem Stichwort Resilienz gegangen. Es spielt in der derzeitigen Pädagogik wieder eine Rolle. Resilienz benennt die Fähigkeit, mit widrigen Umständen positiv umgehen zu können. Dahinter steht die Frage: Warum kommen manche Menschen mit schweren Situationen, Schicksalsschlägen oder auch Belastungen besser zurecht als andere? Menschen, die über eine ausgeprägte Resilienz verfügen, verlieren nicht so schnell den Lebensmut. Sie sind auch besser in der Lage Gefühle von Macht- oder Einflusslosigkeit zu überwinden und Strategien zu entwickeln, um mit schwierigen Situationen umzugehen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist das eine Fähigkeit, die man nicht so einfach machen oder steigern kann, die aber trotzdem positiv beeinflussbar ist. Es gibt bestimmte Ressourcen, die dabei helfen. Sie heißen: Problemlösekompetenz – ich habe gelernt, mit meinen Fähigkeiten Probleme anzupacken und zu lösen. Selbstwirksamkeit – ich erlebe mich als jemand, der mit seinen Möglichkeiten etwas erreichen und bewirken kann. Hohes Selbstwertgefühl – ich lebe im Bewusstsein: ich bin jemand. Ich bin wertvoll. Realistische Kontrollüberzeugung – ich kann mich ein Stückweit objektiv in Frage stellen und kontrollieren, was ich mit meinen Reden und Handeln bewirke. Positive Rollenmodelle – es gibt positive Vorbilder, an die ich anknüpfen kann und die mich auch in meinem Leben leiten und schließlich ein wertschätzendes Klima. All diese Faktoren kann man fördern oder positiv beeinflussen. In unserer Kindertagestätte prägen diese Faktoren das Handeln der Erzieherinnen.
Vielleicht fragen Sie sich, was das mit Kirche oder Glauben zu tun hat. Eigentlich ist das ganz einfach und eine der ältesten Weisheiten der Welt. Man hat festgestellt, dass Menschen, die darum wissen und spüren, dass jemand an sie glaubt, resilienter sind. Wenn Sie die Lebensgeschichten von biblischen Personen daraufhin lesen, dann werden Sie viel Lebensmut und Lebenskraft entdecken. Abraham und Sara, Jakob, Mose, Ruth, David, vor allem aber Jesus sind Menschen, deren Glaube ihnen hilft, auch in schweren Situationen ihr Leben anzupacken und anzunehmen. Sie trägt der Glaube, dass Gott bei ihnen ist und ihnen etwas zutraut. In seiner Taufe ist Jesus dieser Zuspruch auf ganz leibliche Weise zuteil geworden. Gott sagt ihm: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich wohlgefallen.“ Meint: Ich glaube an dich. Ich bin bei dir. Ich gehe mit dir durch dick und dünn. Und uns ist das in der Taufe eben auch zugesagt. Und diese Zusage macht uns stärker und selbstbewusster.
Es gibt einen zweiten Punkt. Auch Menschen, die in einer religiösen Gemeinschaft miteinander verbunden sind, sind resilienter. Es ist nicht nur der Glaube des Einzelnen, der wichtig ist, sondern diesen Glauben und diese Werte mit anderen zu teilen. Nach den Verwüstungen durch den Hurricane Katrina in New Orleans war die Nachbarschaft rund um die katholische Mary Queen of Viet Nam Church als eine der ersten wieder aufgebaut. Dabei handelte es sich um eine der ärmsten Nachbarschaften von New Orleans. Die Kirche hatte ein Programm namens Mary Queen of Viet Nam Community Development Corporation (MQVN CDC) ins Leben gerufen und Nachbarn hatten sich gegenseitig geholfen, nach den Verwüstungen ein neues Leben aufzubauen.
In diesem Punkt haben wir noch viel zu lernen. Die Zusage der Gotteskindschaft verbindet uns auch miteinander, damit wir gemeinsam das Leben bestehen. Dabei gibt es schon die ein oder andere Möglichkeit miteinander ins Gespräch zu kommen. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Sei es zum Gottesdienst, sei es zum Gemeindefest oder zu den Veranstaltungen unserer Dalí – Ausstellung, sei es zu unseren Kreise und Gruppen.
Ihr Jörg Beckers